Die Großsiedlung Ricklingen II
Mittelpunkt der Schmalz-Siedlung sollte eine Gaststätte und ein HJ-Heim werden. Die einzelnen Grundstücke selbst umfaßten 650 - 700 qm. Die Häuser hatten ca. 50 qm Grundfläche und einen Anbau von 27 qm.
Ein Vertrag zwischen Siedlern und den Bauträgern besagte, daß sich die Siedler zur Selbst-, und Nachbarschaftshilfe verpflichteten.
War die Finanzierung gesichert, die hauptsächlich aus Werksdarlehen und einen kleinen Teil Selbstbeteiligung bestand, konnte ein im wesentlichen bestehender Rohbau übernommen werden. Die ersten Häuser wurden im Sommer 1939 bezogen. Und es gab viel zu tun.
Z.B. mußten die Gärten noch angelegt werden, die Innenbautätigkeiten und das Legen von Versorgungsleitungen war noch nicht vollendet.
Aber allein die Vorstellung in wenigen Jahren richtiger Eigentümer dieser Siedlungsstelle zu sein, machte Stolz.
Zwar war es noch ein weiter Weg dorthin, denn aus einem Erlaß des Oberpräsidenten der Provinz Sachsen von 1938 ging hervor, daß sich die Siedlungsanwärter mit den Anforderungen des Staates und der Partei auseinanderzusetzen haben. Und dabei unter der Betreuung und Beobachtung der zuständigen örtlichen Hoheitsträger der NSDAP stehen. Manch ein Siedler hatte dabei starke politische Schwierigkeiten zu überwinden.
In den Jahren 1939/1940 war die Bebauung auf dem Gelände der heutigen Springer- und Pyrmonter Straße weitestgehend mit Einfamilienreihenhäuser fertiggestellt. Diese hatten eine Wohnfläche von 57 qm. Dreigeschossige Mehrfamilienhäuser, die sogenannten Volkswohnungen, wurden im Bereich Pyrmonter Straße und Göttinger Chaussee gebaut. Der Nenndorfer Platz sollte als Siedlungsmittelpunkt vermutlich auch als Aufmarschplatz und Versammlungsplatz der Siedler dienen. Auf dem Platz entstand ein Feuerlöschteich.
Der weitere Ausbau der Siedlung kam allerdings mit Kriegsbeginn 1939 ins Stocken. Dadurch, daß viele Siedler sich beim Einzug in die Häuser nicht kannten, und alle ihre eigenen Erfahrungen mitbrachten, konnte sich eine Solidargemeinschaft, wie sie z.B. in der Schnabel- und Menzelstraße entstanden ist, hier nicht bilden.
typisches Haus dieser Siedlung
Aber dieses war den Nationalsozialisten nur recht, denn so konnte man die Bevölkerung leichter formen und politisch kontrollieren. Eine Solidargesinnung zog dann 1943 doch noch in die nachbarschaftliche Gemeinschaft ein: Der Siedlerbund wurde gegründet.
Die Not des Krieges und vor allen Dingen die Versorgungsengpässe waren es, die diese Gemeinschaft stärkten. Da die Männer einberufen wurden, waren es die Frauen die für die Ernährung der Kinder und die Bewirtschaftung des Siedlerstelle allein zu Sorgen hatten. Da wirkte die Gründung des Siedlerbundes sich positiv aus, denn nun war es möglich, sich gemeinschaftlich zusätzlich Kartoffeln, Hühnerfutter, Saatgut und ähnliches zu besorgen. Diese Gemeinschaft hatte zwei Seiten. Während die nachbarschaftliche Hilfe einerseits die Gemeinsinn bestärkte, ebnete es andererseits den Faschisten einen Weg zur Kontrolle der Familien, und man konnte beim besten Willen nicht jedem Nachbarn trauen.