Sternstunde der sinfonischen Musik auf der Orgel
Alexander Kuhlo spielt Bruckners 5. Sinfonie in St. Augustinus
Anlässlich des 200. Geburtstags des österreichischen Komponisten Anton Bruckner im vergangenen Jahr wurde seine berühmte Sinfonie Nr. 5 in B-Dur erstmals in Hannover aufgeführt – in einer außergewöhnlichen Orgelversion. Die Aufführung fand im Rahmen des 39. Deutschen Evangelischen Kirchentags 2025 sowie zum Jubiläum „10 Jahre UNESCO City of Music“ der Landeshauptstadt Hannover statt. Veranstalter war die katholische Pfarrgemeinde St. Augustinus.
In der klangprächtigen St. Augustinus-Kirche brachte der Münchner Konzertorganist Alexander Kuhlo eines der monumentalen Werke der Spätromantik zum Klingen – eine jener "symphonischen Riesenschlangen", wie Johannes Brahms Bruckners Sinfonien einst nannte.
Gespielt wurde die Orgelfassung von Eberhard Klotz (Stuttgart), die Kuhlo eigens auf die klanglichen Besonderheiten der Lobback-Orgel von St. Augustinus mit ihren 45 Registern abgestimmt hatte.
Bruckners 5. Sinfonie – ursprünglich für ein großes Sinfonieorchester mit rund 100 Musikern konzipiert – entfaltete sich in dieser einzigartigen Bearbeitung mit ungeahnter Kraft und Farbigkeit.
Alexander Kuhlo bedankt sich beim Publikum und dankt der „Königin der Instrumente“
Insbesondere das großartige Finale (4. Satz) riss das Publikum mit: Es greift Themen der vorangegangenen Sätze auf, bevor ein machtvolles, an Beethoven erinnerndes Hauptthema eine komplexe Doppelfuge einleitet. Ein zweites, choralartiges Thema tritt hinzu, und beide werden kunstvoll verwoben, bevor das Werk in einem triumphalen Schluss gipfelt – ein Moment voller Erhabenheit und musikalischer Größe.
Das Publikum hört interessiert der Bruckner-Aufführung zu
Die Uraufführung in St. Augustinus begeisterte nicht nur das zahlreich erschienene Kirchentagspublikum, sondern auch Ehrengäste aus Stadt und Region Hannover, die der Veranstaltung mit ihren Grußworten einen festlichen Rahmen verliehen, nachdem der Leiter der Konzertreihe eine Einführung in das Konzert gab. Der Stiftung Edelhof Ricklingen ist für die Förderung der erfolgreichen Erstaufführung der Bruckner-Sinfonie zu danken.
Auf einer großen Videoleinwand konnten die Zuhörer das beeindruckende Zusammenspiel von Hand- und Fußarbeit des Organisten in voller Konzentration verfolgen. In der abschließenden Begegnung in der Kirche kamen alle miteinander ins Gespräch.
Ein Meisterwerk der Orgelkunst, das durch die feinsinnige Interpretation Alexander Kuhlos und den einzigartigen Klang der Lobback-Orgel zu einem unvergesslichen Erlebnis wurde.
Eine Sternstunde der Orgelmusik in Hannover.
Winfried Dahn, Studiendirektor a.D.
Senior Organist an St. Augustinus
Leiter der Reihe “Musik in St. Augustinus“
Begegnung nach dem Konzert in der Kirche
Programm
(Auszug)
Grußwort von Bürgermeister Thomas Klapproth in Vertretung des Oberbürgermeisters Belit Onay der Landeshauptstadt Hannover
Sehr geehrter Herr Dahn,
liebe Anwesende,
liebe Gemeinde,
im Namen der Landeshauptstadt und des Oberbürgermeisters Belit Onay begrüße ich Sie alle herzlich.
Ich freue mich sehr, hier bei dieser Erstaufführung dabei sein zu können und bin schon ganz gespannt. Aber, so wie ich die „Musik in St. Augustinus" stets erlebt habe, bin ich mir sicher, dass auch dieser Abend ein unvergessliches Erlebnis werden wird.
Bürgermeister Thomas Klapproth begrüßt die Anwesenden
Hannover ist durch und durch eine musikalische Stadt mit einer lebendigen, sehr vielfältigen und international beachteten Musikszene, die uns 2014 dafür auch den Titel „UNESCO City of Music" eingebracht hat. In diesem Jahr feiern wir zehn Jahre „UNESCO City of Music" und haben dieses Jubiläumsjahr unter das Motto „Gesellschaftlicher Zusammenhalt durch Musik“ gestellt.
Aus gutem Grund: Denn gerade in diesen Zeiten ist die verbindende Kraft der Musik wichtiger denn je. Musik bringt Menschen zusammen, baut Brücken und schafft Verständigung.
Auch die Kirchenmusik ist ein wichtiger Teil davon. Wir haben in dieser Stadt bedeutende Kirchen, die viel Raum für Chor-, Orgel oder sonstige Konzerte bieten. Dazu gehört auch St Augustinus. Darüber hinaus haben Sie hier immer wieder mit neuen Ideen wie Ihrem „Talk am Turm" bewiesen, dass Kirche - und geistliche Musik - nicht nur zur Kultur einer Stadtgesellschaft gehören, sondern essenziell sind. Dass sie Impulse setzen können, die weit über Glaubensfragen hinausgehen und die ein unverzichtbarer Teil einer modernen, offenen Gesellschaft sind, deren Interessen über Landesgrenzen hinausragen. In diesem Sinne verstehen wir übrigens auch Hannovers Status und Antrieb als eine City of Music.
2025 ist ein besonderes Jahr für Hannover: Wir feiern neben dem UNESCO City of Music Jubiläum auch 350 Jahre Herrenhäuser Gärten und aktuell ja den Kirchentag. Diese Jubiläen stehen für das, was Hannover ausmacht - eine Stadt, die auf Gemeinschaft und Zusammenarbeit aufgebaut ist und damit beeindruckende Erfolge erzielt. Es sind Meilensteine, die durch die gebündelte Kraft von Zivilgesellschaft. Kultur und Politik möglich wurden.
Hannover ist eine Stadt der Vielfalt, in der Menschen aus rund 180 Nationen friedlich zusammenleben. Diese Werte prägen auch den Kirchentag, in dessen Rahmen ja auch diese Veranstaltung stattfindet.
Den Deutschen Evangelischen Kirchentag und Hannover verbindet eine lange Geschichte - schließlich wurde der Kirchentag genau hier gegründet. Es erfüllt uns mit Freude, dass er 2025 wieder in unsere Stadt zurückkehrt und unter dem Motto „Mutig - stark - beherzt" ein kraftvolles Zeichen für Zusammenhalt, Demokratie und Frieden setzt. Aktuell kommen hier in Hannover zahlreiche Menschen aus Deutschland und auch dem Ausland zusammen.
Das ist für Sie hier nichts Neues, denn Internationalität ist das Markenzeichen der Reihe „Musik in St. Augustinus" durch Mitwirkung renommierter Organisten und Orgelprofessoren aus St. Petersburg. Moskau, Wien. Prag. Budapest, Dresden, München, Dresden. München, Köln. Stuttgart. Hamburg, Hildesheim usw. und vieler berühmter Chöre aus dem In- und Ausland. Die einzigartig gute Akustik hier in St. Augustinus ist weltweit ein Begriff.
Bislang fanden in über 30 Jahren der Konzertreihe "Musik in St. Augustinus" über 300 konzertante Veranstaltungen mit drei einzigartigen Highlights statt:
Zur Weltausstellung damals - im Übrigen auch ein Jubiläum, das wir dieses Jahr feiern - zum ersten Mal überhaupt in Hannover die Aufführung des gesamten Orgelwerkes von Johann Sebastian Bach an neun Abenden, dann die Nationalhymnen der bisherigen sieben Fußballweltmeister zur Weltmeisterschaft in Deutschland als Orgelimprovisation im Jahr 2006 und schließlich zum 30-jährigen Jubiläum der "Musik in St. Augustinus" die ganzheitliche Uraufführung "Performance für Orgel, Glocken, Licht und Poesie" im Jahr 2018.
Und jetzt zum ersten Mal in Hannover eine weltberühmte Sinfonie von Anton Bruckner auf der Lobback-Orgel.
Und weil Sie alle, mit Sicherheit genauso gespannt sind wie ich, wünsche ich uns nun beste Unterhaltung und einen inspirierenden sowie unvergesslichen Abend.
Vielen Dank!
Grußwort der stellv. Regionspräsidentin Michaela Michalowitz
Meine sehr geehrten Damen und Herren, erst einmal darf ich mich im Namen der Region Hannover und des Regionspräsidenten Herrn Steffen Krach ganz herzlich für die Einladung bedanken.
Nach einem solchen fulminanten Klangerlebnis ist es meines Erachtens schwierig bis unmöglich ein Grußwort der üblichen Art zu halten. Daher würde ich gerne einige Gedanken, die mir während des Zuhörens durch den Kopf gingen, mit Ihnen teilen.
Michaela Michalowitz, Stellv. Regionspräsidentin, überreicht dem Künstler ein Gastgeschenk
Das heutige Konzert in St. Augustinus trägt den schönen Titel „Sinfonie trifft Orgel“ als Arbeitstitel möchte ich noch hinzufügen „Wie sich die Dinge so fügen“. Ursprünglich war die Aufführung der fünften Sinfonie von Anton Bruckner als Uraufführung anlässlich des 200. Geburtstages des Komponisten vorgesehen. Sehr unglückliche Umstände haben dazu geführt, dass eine Erstaufführung im Rahmen des Kirchentages daraus geworden ist. Unter dem Motto des Kirchentages „Mutig – stark - beherzt“ gerade diese Sinfonie aufzuführen, fügt sich vortrefflich.
Erstens bezeichnete Anton Bruckner selbst diese Sinfonie als sein "kontrapunktisches Meisterstück".
Zweitens waren die Umstände, unter denen die fünfte Sinfonie entstand für Bruckner alles andere als harmonisch: Er war in Geldnot und versuchte sich um Stellungen zu bewerben, was aber oftmals vergebens war. Es war typisch für ihn, sich in solchen Lebenskrisen „mutig, stark und beherzt“ in seine kompositorische Arbeit zu stürzen. Es besteht wohl kein Zweifel, dass Bruckner seinem damaligen Publikum mit seinen Kompositionen einiges abverlangte - zumindest ein offenes Ohr für einen Kompositionsstil, der wahrscheinlich für viele Zuhörende zunächst sehr ungewohnt war.
Bruckner war zudem ein hervorragender Improvisator, der sich auf schnellstem Weg modulierend von einer Tonart zur nächsten bewegte. Und auch das ist in der fünften Sinfonie hörbar. Improvisation ist eine Kunst, die in besonderer Weise mit der Orgel als der „Königin der Instrumente“ verbunden ist. Und dies erklärt meiner Meinung nach, warum die Brucknerschen Sinfonien in Orgelfassung nicht nur legitim sind, sondern auch gut „funktionieren“.
Und wie gut, haben wir heute hier Dank des hervorragenden Spiels von Alexander Kuhlo erleben dürfen.
Meine Damen und Herren, denjenigen unter Ihnen, die von außerhalb der Region Hannover sind, der kurz erläutert: Die Region Hannover ist eine Verwaltungseinheit, die Verantwortung für die Daseinsvorsorge von annähernd 1,2 Millionen Menschen in 21 Kommunen verantwortlich zeichnet. Die flächenmäßige Ausdehnung, also Landeshauptstadt Hannover mit den 20 Umlandkommunen, ist mit dem Saarland vergleichbar. Dies erläutere ich, um Ihnen ein Gefühl zu vermitteln, wieviel es zu entdecken gibt.
Die Unterstützung der Orgelkultur in der Region Hannover ist uns ein besonderes Anliegen. Hier gibt es noch viel zu entdecken: interessante und sehr unterschiedliche Instrumente von der Barock- bis zur Neuzeit. Sie sind regionsweit in Kirchenräumen zu finden, die sich mittlerweile auch zu gut besuchten Kulturorten entwickeln und als solche weiter gestärkt werden sollen.
Um für die Vielfalt der regionalen Orgellandschaft zu sensibilisieren, hat die Region Hannover in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit der UNESCO City of Music (Hannover) die Doppel-CD „Orgellandschaften“ produziert. Diese musikalische Reise zu 20 besonderen Orgeln in der Region Hannover macht auch Instrumente hörbar, die nicht regelmäßig in Konzerten erklingen.
Lieber Herr Alexander Kuhlo, herzlichen Dank für ein Musikerlebnis der besonderen Art. Wenn ich vorhin darauf hingewiesen habe, dass es in der Region vieles zu entdecken gibt, dann in der Hoffnung Sie noch einmal zu uns zu locken und uns mit einem Konzert auf der herrlichen Lobback-Orgel zu erfreuen. Ich möchte Ihnen daher ein Buch mit dem Titel „111 Orte rund um Hannover die man gesehen haben muss“ überreichen.
Ich bedanke mich bei Ihnen allen für die Aufmerksamkeit und wünsche gute Heimreise oder weitere positive Erlebnisse während des Kirchentages.
Michaela Michalowitz
Stellv. Regionspräsidentin