1. Kulturspaziergang:
Theater durchs fidele Dörp
Vorstellungen:
Samstag, 11. Juli 1998, 19.30 Uhr
Sonntag, 12. Juli 1998, 10.30 Uhr
Der Kulturspaziergang beginnt jeweils auf dem Parkplatz vor dem Freizeitheim Ricklingen und endet mit einem kleinen Abschlußfest auf dem Schulhof der Grundschule. Der Erste Ricklinger Kulturspaziergang findet in Zusammenarbeit mit dein Theaterpädagogischen Zentrum Hannover statt. Weitere Veranstaltungen sind mit der Musikschule und der Stadtbücherei geplant.
Durch das Programm führen Madlen Gerlach als Moritatensängerin, begleitet von Elke Simon am Akkordeon.
Spielort 1: Alte Ricklinger Bierquelle
Versammeln, beschließen und singen
1849 wurde in dieser Gaststätte von den Ricklinger Bauern der sog. Verkoppelungsrezeß unterzeichnet. Diese Verkoppelung - in etwa der heutigen Flurbereinigung vergleichbar - hatte zum Ziel, daß die Bauern zusammenhängende. nicht weit vom Hof entfernte Flächen beackern konnten. Bei dieser Neuaufteilung der Feldmark war es nicht zu vermeiden, daß ein Bauer guten Boden abgeben mußte und Boden einer minderen Güteklasse zurückerhielt. Als Ausgleich für die schlechtere Bodenqualität erhielt er ein entsprechend größeres Stück Land. Bei der Durchführung dieses Verfahrens gab es viel Streit und Mißgunst: Zum Unterzeichnungstermiu erschienen daher zahlreiche Bauern nicht. Aufgrund eines entsprechenden Gesetzes wurde Nichterscheinen als Zustimmung bewertet, so daß der Vertrag dennoch in Kraft trat.
Anmerkung: Bis 1833 bewirtschafteten die Bauern im Königreich Hannover nicht ihren eigenen Grund und Boden. Sie standen in einem Meierverhältnis und waren dem Grundherren zinspflichtig. Es gab Meierhöfe, Köthnereien und Beibauern. Ein Vollmeierhof war mindestens 120 Morgen, ein Köthnerhof meist unter 30 Morgen groß, die Beibauern betrieben die Landwirtschaft als Nebenerwerb.
Es spielt das Senioren-Kommödchen Hannover unter der Leitung von Lore Pfeiffer. Es singt der Männerchor Euterpe.
Spielort 2: Alte Dorfkrug (Heute: La Provence)
Das Gebäude des Alten Dorfkrugs sollte Anfang der siebziger Jahre abgerissen werden und Neubauten weichen. Dank der Intervention engagierter Ricklinger und aufgrund des glücklichen Umstandes, daß die Eheleute Piquardt das Bauernhaus - und später auch den Schafstall - pachteten, konnte dieses verhindert werden. Heute ist das Lokal La Provence zwar nicht typisch altricklingerisch, aber es ist ein geselliger Ort für Alt- und Neu-Ricklinger.
Es spielt die Kinder-Theatergruppe Wettbergen unter der Leitung von Gerd Zietlow
Spielort 3: Edelhof-Kapelle
Das Edel-Hoftheater
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs gründete Jürgen von Alten, ein Verwandter des Ricklinger Barons Hans-Bruno von Alten und in den 1930er Jahren bekannter Berliner Schauspieler und Regisseug mit Hans-Günther von Klöden eine private Schauspielschule, die seit 1946 auf dem Edelhof ansässig war. Die Ricklinger Dorfbevölkerung fand den bunt zusammengewürfelten Haufen junger Schauspieler und Schauspielerinnen recht venvunderlich und so mancher zerriß sich das Maul darüber. Bekannte Schauspieler wie Hellmut Lange, Herbert Bötticher, Herbert Mensching, Günter Kütemeyer, Hanns Lothar und der spätere langjährige Intendant der hannoverschen Landesbühne Reinhold Rüdiger eroberten auf dem Edelhof die Bretter, die die Welt bedeuten. Professor Hans-Günther von Klöden wurde später der Leiter der Schauspielabteilung der Hochschule für Musik und Theater in Hannover
Das Theaterstück zeigt, wie Schauspielschüler und -schülerinnen eine frei erfundene Szene auf der Grundlage der Sage von der Tilly-Birne proben: Ein gar blutiges Szenario aus dem 30jährigen Krieg, als Tilly mit seinen Truppen Hannover erobern will und er selbst im Wrampenhof Quartier bezogen hat. Unter dem Tilly-Birnbaum wurde der Sage nach einer seiner Soldaten erschlagen. Das Blut des Sterbenden zog in die Wurzeln des Baumes; seither haben die Birnen blutrotes Fruchtfleisch. Der Tilly-Birnbaum steht heute noch auf dem Edelhof.
Es spielen Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II der IGS Mühlenberg unter Leitung von Hans Zimmer.
Spielort 4: Bauernhaus Kutsche
Von Schustern, Barbieren und Gesellen
Die Spielszene erinnert an Heinrich Kracke; dieser war Barbier. Zahnarzt, Apotheker und Trichinenbeschauer. Im Wohnzimmer seiner Wohnung in der Stammestraße hatte er seinen Salon eingerichtet. Dorthin kamen die Ricklinger zum Haarsnieden un Tähnetrecken. Auch seine Kräutermedizin wurde gern gegen Schmerzen und allerlei Wehwehchen genommen.
Es spielen die Stadtteilhühne Mühlenberg und Klaus Kutsche als Schmied unter der Leitung von Gerd Zietlow
Spielort 5: Regenwasserrückhaltebecken
Wasserkrieg und Grabenkämpfe
Die letzten Bilder dieser Spielszene erinnern an das Jahrhunderthochwasser im Febmar 1946. In Ricklingen stand das Wasser 1,5 bis 2 Meter hoch, und auch weite Teile von Linden und die hannoversche Innenstadt waren überschwemmt.
Es spielen die Hannöversche Speeldeel unter der Leitung von Ingwer Matzen, die Kindertheatergruppe wave unter der Leitung von Rosl Blase-Willmer und Schülerinnen und Schüler der Musikschule Hannover unter der Leitung von Ulrich Ristau.
Spielort 6: Grundschule Starnrnestraße
Die Schule im Dorf
Einige Lehrer haben das gesellschaftliche Leben in der Gemeinde mitgestaltet. So war der Lehrer Höpfner der erste Chorleiter des 1865 gegründeten Gesangsvereins Euterpe und der Rektor der Schule Stammestraße - Redekor - erster Vorsitzender des 1896 gegründeten Männerturnvereins Ricklingen.
Die Spielszene zeigt den Schulalltag vor hundert Jahren, erinnert an den turnbegeisterten Rektor Redekor und geht in ein großes Finale unter Mitwirkung aller Beteiligten über.
Es spielen die Theater AG der Grundschule Stammestraße unter der Leitung von Antje Weiß und Birgit Gerlach, die Turnriege der Grundschule Stammestraße unter Leitung von Christel Brewes, die Zirkusgruppe Diabelly der IGS Mühlenberg unter Leitung von Uwe Ahrends und Schülerinnen und Schüler der Musikschule unter der Leitung von Ulrich Ristau. Es singt der Männerchor Euterpe.
Mit Rat und Tat standen uns zu Seite:
Victor Jürgen von der Osten und Horst Schweimler
Texte und Regie:
Christiane Brettschneider, Diplom-Kulturpädagogin
Gerd Zietlow, Theaterpädagogisches Zentrum
Koordination und Idee:
Hartmut Herbst, Freizeitheim Ricklingen
Außer den erwähnten Schauspielerinnen und Schauspielern wirken mit:
Horst Schlottig als Dorfpolizist, das Hannöversche Traditions Corps, die Video AG des Freizeitheims Ricklingen, das Fototeam 76 und Heidi Kutsche
Für die freundliche Unterstütznng danken wir:
der PreussenElektra AG
der Stiftung Edelhof Ricklingen
dem "La Provence"
der Gaststätte Alte Ricklinger Bierquelle
der Grundschule Stammestraße
Klaus Kutsche und den vielen Helferinnen und Helfern
Quellen:
Böttcher, Richard: Wußten Sie schon? Allerlei Wissenswertes über Ricklingen vor Hannover; Hannover-Ricklingen 1967
Schweimler, Horst: Ricklingen - Ein Dorf- zwei Stadtteile in Hannover Seine Geschichte - seine Menschen; Hannover 1986
Osten, Victor Jürgen von der: Auf den Spuren Alt-Ricklingens: Hannover 1995