Rechtsanwaltskanzlei Ursula Albrecht

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Streupflicht: Wo muss gestreut werden?

Der Autofahrer kann im Winter nicht davon ausgehen dass sämtliche glatten Straßen gestreut werden. Nach der Rechtsprechung beschränkt sich die Streupflicht vielmehr auf bestimmte Straßen und Stellen.

Außerhalb geschlossener Ortschaften

Außerorts nur an besonders gefährdeten und gefährlichen Stellen. Eine derartige Stelle liegt erst dann vor, wenn Anlage und Zustand der Straße die Bildung von Glatteis derartig begünstigen oder seine Wirkung in einer Weise erhöhen, dass diese besonderen Verhältnisse von dem Kraftfahrer trotz der bei Fahrten auf winterlichen Straßen von ihm zu fordernden erhöhten Sorgfalt nicht oder nicht rechtzeitig zu erkennen sind.

Insbesondere außerhalb geschlossener Ortslagen richtet sich der Umfang der gemeindlichen Streupflicht auch nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gemeinde.

Eine besonders gefährliche Stelle setzt somit voraus, dass ein Straßenabschnitt unvorhersehbar zur Vereisung neigt, während die Straßen im allgemeinem noch frei von Glätte sind. Ob die Unfallstelle im Streuplan der Gemeinde als besonders gefährlich gekennzeichnet ist, ist unerheblich.

Eine Streupflicht ist bejaht worden für eine Straße, die wegen des in Umgebung ungewöhnlich hohen Grundwasserstandes schon bei geringem Bodenfrost zu Glatteisbildung neigt, was kein Kraftfahrer bei trockener Witterung ahnen kann. Verneint wurde sie dagegen in einem Fall, in dem sich Glatteis auf eine kurvenreiche, leicht abfallenden Strecke einer Bundesstraße im Mittelgebirge mit wechselndem Waldbestand an einem bewaldeten Steilhang infolge Nebels gebildet hatte, der aus dem Tal hochgestiegen war und sich am Hang gestaut hatte.

Innerhalb geschlossener Ortschaften

Eine Streupflicht ist innerorts nur für verkehrswichtige und gefährliche Stellen bejaht, an denen Kraftfahrer erfahrungsgemäß bremsen, ausweichen oder sonst ihre Fahrrichtung oder Geschwindigkeit ändern müssen und grade dadurch bei Glatteis ins Schleudern geraten können. Derartige Stellen sind nach Ansicht des BGH scharfe Kurven, auffallende Verengungen, Gefällstrecken, Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen und Straßen an Wasserläufen und Abhängen. Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass sich der Umgang der gemeindlichen Streupflicht auch nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gemeinde richtet.
Auf Radwegen bedarf es in der Regel keiner auftauenden Mittel. Hier genügt das Streuen von Splitt.

Auf Parkplätzen

Öffentliche Parkplätze müssen zwar nicht geräumt und gestreut werden, die Gemeinde muss aber dafür sorgen, dass die Gehwege von und zu den Fahrzeugen mit abstumpfenden Mitteln versehen sind.
Ein erkennbar glatter Gaststätten- Parkplatz darf bei Verlassen des Lokals möglicherweise nicht betreten werden; vielmehr ist dann der Wirt zum Streuen aufzufordern.

Beginn der Streupflicht

Mit dem Streuen braucht erst eine angemessene Zeit nach Eintritt der Glätte begonnen zu werden. Geht die Gemeinde nach einem vorher festgelegten und mit der Polizei abgestimmten Streuplan vor, so kann es sogar ausreichen, wenn auch auf verkehrswichtigen Straßen erst 1³/4 Stunden nach Beginn des Schneiens gestreut wird. Dabei begründet alleine die Aufnahme einer bestimmten Straße in den Streuplan einer Gemeinde noch keine Räum- und Streupflicht. Kommt es gegen 7.00 Uhr zu Schneefall, kann ein Kraftfahrer, der innerortsgegen 8.15 Uhr über eine Bergkuppe fährt, nicht davon ausgehen, dass die abschüssige Strecke schon gestreut ist; er muss vielmehr mit Unfallfahrzeugen auf der Fahrbahn rechnen. Während morgens grundsätzlich erst mit Beginn des allgemeinen Tages- und Berufsverkehrs zwischen 7.00 Uhr und 8.00 Uhr gestreut zu werden braucht, kann es eventuell erforderlich sein, besonders gefährliche Stellen bereits um 5.00 zu kontrollieren.

An Sonntagen kann ein zeitlicher Beginn der Streupflicht um 9.00 Uhr noch sachgerecht sein.

Eine allgemeine Überprüfungspflicht des gesamten Straßennetzes auf einzelne Glatteisstellen hin hat die Gemeinde nicht.

Bei nur geringem Schneefall ist zwar schon während des Schneiens zu streuen, wenn dadurch die Straßen eine Zeitlang stumpf bleibt. Bei ständig sich erneuernder Glättebildung kann jedoch eine Streupflicht entfallen, wenn das Streuen kaum Wirkung haben würde.

Vorbeugendes Streuen kann in Ausnahmefällen bei konkreter Gefahr geboten sein.

Überwachungspflicht

Wird die Streupflicht auf die Anlieger überwälzt, so muss die Gemeinde das Streuen überwachen, sonst haftet sich nach Amtshaftungsgrundsätzen. Die Pflicht des Anliegers beschränkt sich im Zweifel auf das Räumen und Bestreuen der Fußwege. Ein Grundstückeigentümer, dem die Streupflicht obliegt, kann Haftung für deren Erfüllung nicht schon durch die Bestellung eines Beauftragten von sich abwälzen; er muss diesen vielmehr selbst überwachen und kontrollieren, wobei an die bei der Beaufsichtigung anzuwendende Sorgfalt ein strenger Maßstab anzulegen ist.

Haftung bei Schäden durch Streufahrzeuge

Da die Befahrbarkeit der Straßen Vorrang hat, müssen Schäden, die beim Betreuen mit Salz und Granulaten an parkenden Fahrzeugen entsteht, hingenommen werden, falls sie nicht über das Unvermeidbare hinausgehen und nicht ein Verschulden des Streupflichtigen oder seiner Bediensteten vorliegt.

Verletzung der Verkehrssicherungspflicht

Beweislast

Der Geschädigte muss beweisen, aufgrund welcher konkreten Umstände der betroffene Straßenabschnitt im Gegensatz zum sonstigen Straßenverlauf besonders anfällig für unvermittelte Eisbildung war, ohne dass ein besonders sorgfältiger Verkehrsteilnehmer dies erkennen konnte.

Darüber hinaus spricht regelmäßig ein auf winterlicher Straße ins Rutschen gekommenes Fahrzeug dafür, dass der Fahrzeugführer seine Fahrweise nicht den Straßenverhältnissen angepasst hat.

Im Einzelnen sind folgende Umstände zu beweisen:

  1. Glätte zur Unfallzeit
  2. kein ausreichendes Streuen- obwohl
  3. Pflicht hierzu
  4. fahrlässiges Unterlassen des Streuens.

Ist ein objektiver Verstoß gegen die Streupflicht und ein dadurch hervorgerufener gefährlicher Straßenzustand festgestellt, der zu einem Unfall führt, so ist es Sache des Sicherungspflichtigen, sich zu entlasten und ggf. zu beweisen, dass es alles Mögliche und Zumutbare getan hat, um Beachtung der Streupflicht zu sichern. Ebenso muss der Streupflichtige beweisen, dass ein Streuen der glatten Straße- z.B. wegen ständigen Schneefalls- nutzlos gewesen wäre.

Kontakt:
Ursula Albrecht
Rechtsanwältin und Mediatorin
Pfarrstraße 43
30459 Hannover/Ricklingen

Tel. (+49-511) 66 26 10
Fax (+49-511) 66 26 90

Zu allgemeinen Fragen bietet Rechtsanwältin Ursula Albrecht im Kirchenladen Ricklingen jeweils montags von 17 - 18 Uhr eine Anwaltssprechstunde an.

Quelle: RA Ursula Albrecht, Hannover-Ricklingen